Dem Recht auf der Spur - Mein Praktikum in der Anwaltskanzlei
Schon seit einigen Jahren ziehe ich es in Erwägung, später einmal Jura zu studieren. Dementsprechend habe ich schon im Rahmen des Betriebspraktikums in der 9. Klasse ein Praktikum in einer kleineren Kanzlei absolviert. Als ich dann für das Nickeleit-Stipendium nominiert wurde, war mir klar, dass mein Projekt in eine ähnliche Richtung gehen sollte. Ich durfte ein einwöchiges Praktikum in einer großen Kanzlei in Kiel absolvieren. Sie behandelt eine große Anzahl an Fachgebieten, zu den sowohl Arbeits-, Miet-, Familien- und Erb- und Immobilien- und Baurecht gehören.
In der Woche nahm ich an Besprechungen, einem Ortstermin und verschiedenen Gerichtsverhandlungen teil. Eine der Besprechungen fiel in das Fachgebiet des Privaten Baurechts und diente dazu, den Sachverhalt und dessen Einzelheiten in einer neuen Sache aufzunehmen.
Ortstermine kommen nicht häufig vor, sind aber in diversen juristischen Fachgebieten, in diesem Fall Nachbarrecht, sehr nützlich. Bei solch einem Termin treffen sich alle Betroffenen an den jeweiligen Gebäuden bzw. Örtlichkeiten, um Fragen und Unklarheiten zu klären. Es kann bspw. das Gelände oder die Verkehrssituation unklar sein, da die Örtlichkeiten vorher nur auf Skizzen oder Bildern betrachtet wurden.
Ich war bei insgesamt vier Gerichtterminen anwesend, von denen jeder in einem anderen Gericht war. Während zwei der vier Termin in den Fachbereich des Privaten Baurechts fielen, gehörten die anderen beiden einmal zum Miet- und einmal zum Versicherungsrecht. Alle Gerichtstermine hatten jedoch gemeinsam, dass es sich bei ihnen um eine Verhandlung um einen Streitwert handelte, also ein Geldbetrag, welcher den Wert des wirtschaftlichen Streitgegenstandes widerspiegelt. Die Gerichtstermine liefen ähnlich ab, zunächst einmal wurde der Sacherhalt nochmals dargeboten und somit für alle Anwesenden dargestellt, was bis dahin alles geschehen war und um welche Problematik es ging. Danach kam es zu einem mündlichen Austausch, bei welchem Fragen beantwortet wurden und die Sichtweisen beider Parteien erfragt wurden. Je nach Fall kam es zu einem Urteil oder nicht. Dementsprechend wurde entweder ein Termin zur Urteilsverkündung oder zur weiteren Verhandlung festgesetzt.
Besonders interessant fand ich einen Fall zum Privaten Baurecht, da mir beim Lesen der Akte auffiel, dass dieser schon seit ein paar Jahren lief. Mir wurde klar, dass sich manche Angelegenheiten nicht innerhalb von einem Jahr oder zwei geklärt bzw. entschieden werden können. Ich bemerkte beim Lesen der Akten auch, dass meine Nachfragen zu bestimmten fachlichen Begriffen sinnvoll gewesen waren und dass sich mein kontextuelles Verständnis verbessert hatte.
Zu meinen täglichen Aufgaben gehörte zum einen das Einlesen in die Akten für die Gerichtstermine und zum anderen durfte ich bei den Praktikanten zur Rechtsanwaltsfachangestellten und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten, kurz ReFa und ReNo, helfen. Auch das Nachlesen in Gesetzestexten oder die Recherche zu dem Thema waren sehr interessant. Außerdem wurde mir der Aufbau einer Akte erklärt. Wenn man diese aufschlägt, findet man auf der rechten Seite den Schriftverkehr zwischen dem Mandanten, dem Gegner oder dessen Anwalt und der Kanzlei selbst, während sich auf der linken Seite die Korrespondenz zwischen dem Gericht und den beiden Parteien finden lässt.
Die ReFas und ReNos unterscheiden sich in dem Sinne, dass ReNos zusätzlich im Bereich des Notariats tätig sind und dort bspw. Beurkundungsanträge entgegennehmen.
Meine Vormittage verbrachte ich also in der Kanzlei, in diversen Amts- und Landgerichten oder in Kiel selbst, als der Ortstermin anstand. Die Nachmittage und Abende konnte ich daher frei nach meinen Belieben nutzen.
Meistens nutzte ich diese, um die Stadt zu erkunden. Unter anderem spazierte ich die Kiellinie entlang, besuchte den Hafen und entdeckte diverse Läden. Auch die gute Vernetzung der Stadt durch den ÖPNV machte es mir möglich, viele verschiedene Stadtteile und Orte zu sehen. Da in meinem Hotelzimmer keine Küche hatte und mir auch keine Verpflegung gestellt wurde, kümmerte ich mich selbst darum. Durch das kleine Taschengeld für Verpflegung, welches mir im Rahmen des Stipendiums zur Verfügung gestellt wurde, konnte ich mich jeden Tag ausgewogen und abwechslungsreich ernähren.
Insgesamt konnte ich vieles aus dieser Woche für mich mitnehmen. Das Einlesen in die diversen Akten hat mir viel Spaß gemacht und auch dass ich zum Ende hin schon das ein oder andere verstanden habe. Weitergehend muss ich sagen, dass ich durch das Praktikum weitere Eindrücke und Einblicke in die Welt der Juristik erhalten konnte, seien es die verschiedenen Fachgebiete, die Größe der Kanzlei oder die unterschiedlichen Amts- und Landgerichte, bei denen ich war.
Was mich aber vor allem weitergebracht hat, waren die zahlreichen Unterhaltungen, die ich sowohl mit den Anwälten und Notaren als auch mit den ReFas und ReNos, geführt habe. Ich erfuhr viel über die Ausbildung und das Studium, hörte einige Geschichten, wie man denn zu dem Beruf gekommen sei und damit einher gingen auch verschieden Ansichten bzw. Aspekte, was den Beruf, die Ausbildung oder das Studium interessant oder spannend machten. Außerdem erhielt ich ein paar Tipps und Ratschläge worauf es denn ankommen würde, falls ich später einmal Jura studieren sollte.
Clara

